Sonnenenergie für die Ukraine

Ein Land im Krieg – welche Rolle kann da das Thema einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Energieversorgung spielen? Eine Hoffnung spendende und in die Zukunft weisende, wie die Installation hybrider Photovoltaiksysteme auf Schulen und Krankenhäusern in der Ukraine zeigt.

Liliia Netochii ist Krankenschwester in der Ambulanz in Mykolaiv. Foto © Greenpeace

Seit Russland im Februar 2022 die Ukraine flächendeckend angegriffen hat, drohen großflächige Energieausfälle durch Zerstörungen an Kraftwerken, Umspannwerken oder Hochspannungsleitungen. Große Teile der ukrainischen Bevölkerung sind immer wieder zeitweilig von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten. Hybride Photovoltaiksysteme, die Strom- und Wärmeerzeugung kombinieren und mit Batteriespeichern gekoppelt werden, ersetzen nicht nur kurzfristig umwelt- und gesundheitsschädliche Dieselgeneratoren; sie können außerdem die Energieinfrastruktur des Landes langfristig widerstandsfähiger, unabhängiger, nachhaltiger und kostengünstiger machen. Die Umweltstiftung Greenpeace und Greenpeace Deutschland e.V. haben im März 2024 Pilot-Solaranlagen in einer Schule in Hostomel im Oblast Kyiv sowie in einem Krankenhaus in Mykolaiv finanziert.

Ziel ist es, dass sich beide Einrichtungen bald zu 100 Prozent selbst mit erneuerbarer Energie versorgen können. Andree Boehling, Energieexperte von Greenpeace Deutschland, der das Projekt vor Ort begleitet hat, stellt heraus: „Insbesondere dort, wo junge Menschen zusammenkommen und Kranke behandelt werden, ist es wichtig, auf die ansonsten verbreiteten schädlichen Dieselgeneratoren schnell zu verzichten.“ Doch trotz der offensichtlichen Vorteile sei bei den Behörden noch Überzeugungsarbeit zu leisten. „Bislang werden das ungenutzte Potenzial und die enormen Vorteile der Solarenergie stark unterschätzt – von der ukrainischen Regierung, aber auch von der internationalen Gemeinschaft.“

Sonnenstrom für den Unterricht

In Hostomel wurde im März 2022 eine Schule von russischen Streitkräften bombardiert und fast vollständig zerstört. Nur die Innenwände blieben intakt. Unterstützt durch ehrenamtliche Helfer:innen gelang es dem Schulpersonal, das Gebäude und die Klassenzimmer wiederaufzubauen. Die Umweltstiftung Greenpeace finanzierte parallel dazu die neue Photovoltaikanlage.


„Selbst an bewölkteren Tagen tragen die Solarpanels schon bis zu 30 Prozent unseres Strombedarfs bei“, berichtet Nataliia Roh, Leiterin des Standorts. „Die Batterien speichern die Energie aus den Solarpanels, das heißt, selbst bei Stromausfällen können wir alle nahtlos an unseren Computern, Druckern, Tablets und Scannern weiterarbeiten. Wir empfinden es als eine große Erleichterung, weil wir nun nicht mehr von den lauten, schmutzigen und teuren Dieselgeneratoren abhängig sind.“

Gefährliche Stromausverfälle vermeiden

Für Krankenhäuser stellen Stromausfälle eine besondere Herausforderung dar, so auch in der Ambulanz in Mykolaiv. Schließlich müssen Impfstoffe und viele Medikamente in Kühlschränken aufbewahrt werden. Ein Energieausfall kann Leben bedrohen. Bei den Blackouts im Winter 2023/24 musste die Belegschaft einen Teil ihrer medizinischen Vorräte darum drei- bis viermal am Tag in andere Krankenhäuser transportieren, damit sie gekühlt und benutzbar blieben. Mit der Installation des Photovoltaiksystems ist das nun nicht mehr notwendig. „Wir arbeiten hauptsächlich mit Kindern und älteren Menschen“, sagt Liliia Netochii, eine der Krankenschwestern der Klinik, „und wir können nun unbesorgt sein, weil unsere Medikamente und Impfstoffe sicher gekühlt werden. Die Menschen in der Umgebung sind sehr angetan davon, dass wir das mit Solarenergie hinkriegen.“

Ausblick in eine grünere Zukunft

Nach einer erfolgreichen Pilotphase könnten ähnliche Hybrid-Solarkraftwerke in mehr Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern in der Ukraine installiert werden. „Auch wenn es im Winter 2023/24 keine flächendeckenden Stromausfälle gab, hat Russland sein Ziel, die Energieinfrastruktur der Ukraine zu zerstören, nicht aufgegeben“, sagt Andree Boehling. „Kommt es zu Stromausfällen, kann der Schulbetrieb trotzdem aufrechterhalten werden, und Patient:innen erhalten weiterhin eine angemessene medizinische Versorgung.“

Und auch ohne Stromausfälle tragen die hybriden Solarkraftwerke dazu bei, dass Schulen und Krankenhäuser ihre Stromkosten niedrig und ihre CO2-Emissionen gering halten. Die Ukraine kann hier ein gelungenes Beispiel für die Energiewende setzen – nicht bloß im eigenen Land, sondern sogar weltweit.