Klimaresilienter Ackerbau am Kilimandscharo
In „Klima-Feldschulen“ lernen Kleinbäuerinnen und -bauern im Nordosten Tansanias, ihre Anbaumethoden nachhaltig an den Klimawandel anzupassen. Mithilfe der Umweltstiftung konnte die Organisation SMECAO ihr bewährtes Fortbildungsprojekt 2021/2022 in zwei weiteren Dörfern umsetzen und rund 240 Teilnehmende und ihre Dorfgemeinschaften für die Zukunft wappnen.
Kibo, „der Helle“, heißt der mit 5.895 Metern höchste Gipfel des Kilimandscharo. Doch seine berühmte weiße Kappe aus Eis und Schnee schmilzt rasant und könnte in einigen Jahren Geschichte sein, sagen Expert:innen voraus. Im Zuge der Klimakrise ist es in der gesamten Region Kilimandscharo im Nordosten Tansanias heißer und trockener geworden. Dies bedroht das artenreiche Leben in den tropischen Wäldern und Savannen ebenso wie die Existenz der ländlichen Bevölkerung, die ihren Lebensunterhalt größtenteils mit Ackerbau und Viehzucht bestreiten muss.
Auf die beiden Regenzeiten im Frühjahr und Herbst ist immer weniger Verlass. Laut der Tanzania Meteorological Agency ging die durchschnittliche Zahl der jährlichen Regentage binnen zwei Dekaden von 90 auf 71 zurück. In Same, dem südlichsten Bezirk Kilimandscharos, fielen im Herbst 2018 gerade einmal 320 Millimeter – zu wenig für das Wachstum der Nutzpflanzen wie Mais oder Bohnen. Die überwiegend nicht-nachhaltige Landwirtschaft, ebenso die zunehmende Entwaldung und daraus resultierende Bodenerosion tragen zu den schlimmen Folgen bei: ausfallende Ernten, Armut und Ernährungsunsicherheit bis hin zu Hunger. Ein Umsteuern ist dringend nötig.
Gemeinsam stark gegen die Klimakrise
Die tansanische Nichtregierungsorganisation SMECAO (Same and Mwanga Environmental Conservation Advisory Organization) hat sich des Themas angenommen. Seit ihrer Gründung 1999 realisiert sie Projekte in den benachbarten Bezirken Same und Mwanga, die den Alltag der Menschen verbessern und Umwelt, Klima und Ressourcen schützen sollen. Vor einigen Jahren startete sie ein landwirtschaftliches Weiterbildungsprojekt: Bäuerinnen und Bauern lernen in Theorie- und Praxiskursen, mit den neuen klimatischen Herausforderungen umzugehen und ihren Ackerbau nachhaltig umzustellen. Hierzu richtet ein Team aus Agrarökologie-Expert:innen von SMECAO, dem Landwirtschaftsbeauftragten der jeweiligen Gemeinde sowie einem Bezirksmeteorologen sogenannte Klima-Feldschulen auf ausgewählten Höfen ein. Als die Organisation im Frühjahr 2021 an uns herantrat, hatten bereits 350 Landwirt:innen aus acht Dörfern die einjährige Schulung absolviert und daraufhin ihre Erträge gesteigert. Zum Beispiel Sophia Mrindoko aus dem Bergdorf Vudee: Die alleinerziehende Mutter schaffte es gerade so, ihre Familie mit dem Zwiebel- und Kartoffelanbau durchzubringen. Dann absolvierte sie das Training und setzte das Erlernte auf ihren Terrassenfeldern um. So steigerte sie nicht nur ihren Ertrag um mehr als das Doppelte, sondern auch die Qualität ihres Gemüses, das sie auf lokalen Märkten entsprechend teurer verkaufte. Das zusätzliche Geld investierte Mrindoko unter anderem in die Ausbildung ihrer Kinder.
Mit Unterstützung der Umweltstiftung konnte SMECAO das Erfolgsprojekt nun in zwei weiteren Dörfern umsetzen: In Kisiwani Barazani und Mkonga Ijinyu, beide im Same Distrikt, bildeten sich in zwölf Feldschulen insgesamt 240 Frauen und Männer zu agrarökologischen Praktiken weiter. Damit die ganze Dorfgemeinschaft profitiert und sich für die Zukunft wappnen kann, fungieren die Absolvent:innen anschließend als Multiplikator:innen und teilen ihr Wissen mit ihrer Nachbarschaft.
Zusätzlich werden relevante Wetter- und Klimadaten mit einer saisonalen Niederschlagsprognose in der Gemeinde verteilt und am „schwarzen Brett“ ausgehängt. Denn nicht alle Bürger:innen haben TV oder Computer mit Internetzugang, um sich zu informieren.
Mehr Vielfalt auf dem Acker
Bisher prägen Monokulturen das Bild der Region, einhergehend mit einem hohen Einsatz von Mineraldünger und Pestiziden. Dies beeinträchtigt die Fruchtbarkeit und Struktur der Böden, außerdem geht die Artenvielfalt zurück, einschließlich Bestäubern und anderen nützlichen Insekten. SMECAO setzt daher konsequent auf „Bio“. Zur Schädlingsbekämpfung etwa empfiehlt das Projektteam, traditionelle Mittel wie Asche oder Neemblätter zu verwenden. Um das Risiko von Ernteausfällen zu verringern, rät es den Kleinbäuerinnen und -bauern, einerseits dürreresistente Pflanzen wie zum Beispiel Sonnenblumen anzubauen, andererseits eine größere Vielfalt an Getreide- oder Gemüsesorten aus lokalem Saatgut zu kombinieren. In einer Mischkultur helfen benachbarte Feldfrüchte einander, etwa indem sie Schatten und Nährstoffe spenden oder durch ihre Wurzeln das Erdreich auflockern.
Wunderwaffe Kompost
Die Qualität des Bodens spielt für eine klimaresiliente Landwirtschaft eine zentrale Rolle. Zum Stundenplan jeder Klima-Feldschule gehört daher die Herstellung von „Mampambano“-Kompost. Kompost ist mehr als ein Dünger, da er die Bodenstruktur langfristig verbessert. Schwere Lehmböden belüftet und lockert er, sodass die Pflanzenwurzeln besser an Nährstoffe und Wasser gelangen. Und in sandigen Böden wirkt die zugesetzte organische Substanz als Wasserspeicher und erhöht so die Dürreresistenz von Pflanzen.
Zu weiteren empfohlenen Praktiken zählen Fruchtwechsel, Zwischenfruchtanbau und sogenannte Agroforstwirtschaft: Bäume und Sträucher am Feldrand steigern nicht nur den Humusaufbau und verringern Erosion, sie verbessern auch das Mikroklima und bieten Lebensraum für viele Tierarten. Nicht zuletzt binden sie CO2 und schützen so das Klima.
Entwaldung aufhalten
Der Waldverlust in Kilimandscharo und anderen Teilen Tansanias forciert seit langem den Trend zu mehr Hitze und Dürre, denn wo Bäume fehlen, bilden sich weniger Regenwolken. Ein Treiber der Abholzung war und ist die Landwirtschaft. Die verbliebenen Wälder der Region, selbst Schutzgebiete geraten nun zunehmend in Bedrängnis: Farmer dehnen ihre Anbauflächen notgedrungen auch in Wälder aus, um ihre Ertragsverluste auszugleichen. Umso wichtiger ist es, möglichst vielen Landwirt:innen agroökologisches Wissen an die Hand zu geben, damit sie auf ihren vorhandenen Flächen auskömmlich wirtschaften und der Klimakrise trotzen können – anstatt sie zu verschlimmern.