Scouts go Solar: Auf dem Pfad zur „Solarisierung“

Die Energie der Sonne ist umsonst, umweltfreundlich und fast überall verfügbar – und wird noch viel zu wenig genutzt. Wie lässt sich das ändern? Vor allem, indem man junge Menschen früh für Energiefragen sensibilisiert – und sie selbst ausprobieren lässt, wie leicht und praktisch sich Solarenergie nutzen lässt. Um das zu erreichen, startete die Schweizer NGO Solafrica 2014 das Projekt „Scouts go Solar", seit 2016 wird es von der Umweltstiftung Greenpeace unterstützt. Die Idee des Projekts: Die Netzwerke der Pfadfinder:innen weltweit zu nutzen, um junge Menschen an Solarenergie heranzuführen.

Internationale Gruppe am Regionaltraining in Bolivien: Neue Solarbotschafter:innen, Trainer:innen und bolivianische Pfadis als Unterstützer:innen Foto © Solafrica

Ausbildung für die Praxis

Jedes Jahr lädt Solafrica Pfadfinder-Gruppenleitende aus allen Teilen der Welt zu einem zweiwöchigen Training zu Solarenergie ein. Dort lernen sie nicht nur viel über die ökologischen Aspekte verschiedener Energiequellen, sondern auch, wie die Energie der Sonne praktisch genutzt und angewandt werden kann.

Ausgestattet mit einem Handbuch und einem Kasten voll mit Material für Experimente kehren sie zurück in ihre Heimatländer und geben ihr Wissen als Solarbotschafter:innen weiter: In der Pfadfinderausbildung, bei Workshops und Aktionen sensibilisieren sie die Gemeinschaften vor Ort für Energiefragen und zeigen, mit welch einfachen Mitteln Solarenergie genutzt werden kann. So baut in Brasilien die Gruppe Escoteiro Ximbangue 21 aus Karton, Leim und Folie Solaröfen; in Kenia lädt Solarbotschafterin Rhodah Ndegwa auf Schulfesten zu Popcorn aus dem sonnenbetriebenen Parabolkocher ein. EC Villanueva aus den Philippinen, der 2021 seine Ausbildung zum Solarbotschafter abschloss, führte sein Abschlussprojekt in Kooperation mit einem Fischerdorf auf der abgelegenen Insel Silaki durch, das nicht ans Stromnetz angeschlossen ist: Zusammen mit Freiwilligen, von denen viele schon zuvor im Rahmen von „Scouts go Solar“ ausgebildet wurden, installierte er Solar-Straßenlampen im Dorf und versorgte 55 Haushalte mit Solarlampen. Diese ersetzen die teuren und gesundheitsschädlichen Kerosin-Lampen und ermöglichen es den Schüler:innen, die tagsüber häufig den Eltern beim Fischen helfen, auch abends noch zu lernen.

Kunst, Antrieb, Licht und Popcorn - alles mit der Energie der Sonne. Pfadis beim Solar-Workshop in Kandersteg. Foto © Scouts go Solar, Greenpeace

Kooperation mit 57 Millionen Pfadfinder:innen

Ein Riesenschub hat dem Projekt die Kooperation mit der Weltorganisation der Pfadfinderbewegung (WOSM) gegeben. Die Organisation hat die Workshops in ihr Umweltbildungsprogramm aufgenommen – und erreicht so 57 Millionen Mitglieder weltweit. In über 20 Ländern gibt es inzwischen ein eigenes Modul zu Solarenergie in der Pfadfinderausbildung. Pfadfinder:innen, Gruppenleitende oder ganze Gruppen können es wählen und selbst ein Solar-Projekt durchführen, um das entsprechende Pfadfinderabzeichen als Nachweis über die erworbenen Kenntnisse zu erhalten.

Solarbotschaften weltweit – online und vor Ort

Zwei Jahre Pandemie haben natürlich auch in der Arbeit von Solafrika und WOSM ihre Spuren hinterlassen. So konnten viele der geplanten Trainings und Projekte nur online stattfinden. Dem Elan der Solar-Botschafter:innen hat das nicht geschadet, im Gegenteil, die „Solarisierung“ schreitet unaufhaltsam voran: „Ich war überrascht, wie viel Energie freigesetzt wurde“, sagt Martin Wanner, der zuständige Projektleiter bei Solafrica. „Mehrere engagierte Solarbotschafter:innen setzten gleich ganze Serien von Aktivitäten um. Dies zeigt eine schöne Eigendynamik, die sich über die Jahre entwickelt hat und in Zukunft hoffentlich weiter verstärkt werden kann.“

Dieser Schwung hält bis heute an, wie eine ganze Reihe an Regionaltrainings, Kooperationen und Aktivitäten zeigt. Besonders schön: Nicht nur national wird das Thema immer stärker in den Pfadfinder-Organisationen verankert, die Pandemie hat auch gezeigt, wie einfach und dennoch fruchtbar eine regionale Vernetzung sein kann. So arbeiten auf einmal mehrere Länder wie Senegal, Tschad und Tansania zusammen und verstärken ihre Wirksamkeit einmal mehr. Die zunehmende Vernetzung bestätigt auch eine neue Datenbank, welche laufend mit neuen Solarexperimenten, Anleitungen und Tipps in mehreren Sprachen aktualisiert wird und auch die Möglichkeit des Austauschens und voneinander Lernens bietet. Denn alle haben Zugriff und können ihre eigenen Erfahrungen, Experimente und co. teilen und somit ihren ganz persönlichen Beitrag zur „Solarisierung“ leisten.

Dezentralisierung der Ausbildung

Besonders aktiv sind die Solarbotschafter:innen in Afrika und Lateinamerika. Daran soll nun angeknüpft werden: Bisher kamen die künftigen Solarbotschafter:innen zur zweiwöchigen Ausbildung ins Pfadfinderzentrum Kandersteg in der Schweiz. 2023 fand erstmals ein Regionaltraining in Bolivien statt, 2024 in Kenia. Die Idee dahinter ist nicht nur, unnötige Flugemissionen zu vermeiden, sondern auch, dass die bereits beschriebenen regionalen Kooperationen und Strukturen gestärkt oder initiiert werden können. „Es gibt eine starke Zusammenarbeit innerhalb der Regionen, die Gruppen sprechen häufig dieselbe Sprache, stehen vor ähnlichen Problemen“, sagt Wanner. Wenn es gelinge, hier Bündnisse oder Regionalbüros aufzubauen, könnten die bestehenden Kompetenzen ausgebaut und das Wissen noch einfacher weitergegeben werden.