EcoAndina: In den argentinischen Anden die Kraft der Sonne nutzen
Das Leben in den Dörfern der argentinischen Hochanden ist sehr einfach und von extremen Klimabedingungen geprägt. Im Winter schwanken die Temperaturen von tagsüber 15 Grad bis zu minus 20 Grad nachts. Abgesehen von einer kurzen Regenzeit herrscht das ganze Jahr über Trockenheit. Außer kleinen dürren Sträuchern wächst hier auf einer Höhe von 3500 Metern nur sehr wenig. Und die karge Vegetation ist doppelt gefährdet. Zum einen betreiben die indianischen Bauern eine extensive Viehwirtschaft: Lamas und Schafe fressen, was sie an den Büschen finden. Außerdem verbrennen die Menschen das trockene Holz zum Kochen und Heizen – es ist fast immer die einzige Energiequelle. Die Folge: Die Region versteppt zunehmend, die Menschen, meistens sind es die Kinder, müssen immer weiter gehen, um Brennholz zu finden.
Diese verheerende Entwicklung zu stoppen, hat sich die von der Umweltstiftung Greenpeace unterstützte Stiftung EcoAndina, die mit dem deutschen Träger Solar Global e.V. zusammenarbeitet, zur Aufgabe gemacht. Seit 1998 fördert sie zahlreiche Energie- und Umweltschutzprojekte in der Provinz Jujuy im äußersten Norden Argentiniens. Weil kaum sonst irgendwo auf der Welt die Sonneneinstrahlung so hoch ist wie hier, finanziert sie vor allem Projekte, in denen robuste und effektive Solaranlagen zum Einsatz kommen.
Solarkraft halbiert Brennholzbedarf
Einfach zu reparierende Solarpaneele und Solarkocher versorgen im Jahr 2016 bereits rund 2800 Menschen mit Energie, sieben sogenannte Solardörfer sind entstanden. Der Brennholzbedarf ist dadurch bereits um die Hälfte gesunken – ein Gewinn nicht nur für die Menschen, sondern auch für das Klima. Eine weitere wichtige Errungenschaft sind die effizienten Solarpumpen, mit denen die trockenen Felder des Hochplateaus nun problemlos bewässert werden können.
Einfache solare Lufterwärmer beheizen außerdem Kindergärten und Schulen und verhindern dadurch, dass die Temperaturen dort nachts und am frühen Morgen auf den Gefrierpunkt absinken. Bislang war die Beheizung von öffentlichen und privaten Gebäuden aufgrund des Brennstoffmangels völlig unmöglich. Deshalb sind in den Hochanden-Dörfern in harten Wintern sehr viele Kinder an Atemwegserkrankungen gestorben.
EcoAndina gibt Impulse für die Energiewende in Argentinien
Die Geschäftsstelle von EcoAndina befindet sich rund 400 Kilometer von den Solardörfern und ihrer kleinen Fortbildungsstation „Ecohuasi“ (Haus der Ökologie in Quetchua-Sprache) entfernt in San Salvador de Jujuy, der Hauptstadt der Provinz. Dort hat die Umweltstiftung Greenpeace 2009 eine Lehrwerkstatt finanziert, in der die ortsansässigen Handwerker lernen, Solarmodule selbst herzustellen und zu reparieren. Dabei kommen nur besonders preiswerte, langlebige und einfache Solartechniken zur Anwendung, sensible Hightech-Ersatzteile sind tabu. Dadurch ist sichergestellt, dass anfallende Instandsetzungen selbst ausführt werden können. Nahe der Werkentsteht entsteht nun, ebenfalls mithilfe der Umweltstiftung, ein weiteres EcoAndina-Projekt: die "Casa EcoSolar", ein Musterhaus für Erneuerbare Energien mit Tagungs- und Schulungsräumen, das der Stiftung als offizieller Sitz dienen soll.
Durch eine extrem energieeffiziente Bauweise mit solaren Heiz-, Koch- und Warmwassersystemen benötigt das Haus so gut wie keine zusätzliche Energie. Der fehlende Strombedarf kann leicht durch die vorgesehene Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt werden. Bereits vor seiner Fertigstellung hatte das Niedrigenergiehaus, das von drei deutschen und einem argentinischen Architekten entworfen wurde, einen Architekturpreis für sein nachhaltiges Energiekonzept erhalten. Schüler, Lehrer und Professoren werden hier zukünftig in Workshops, Schulungen und Vorlesungen das Thema einer nachhaltigen Energieversorgung weiter vorantreiben. Das Haus selbst bietet hierfür bereits sehr viel Anschauungsmaterial und beweist, dass komfortables Wohnen ausschließlich mit Erneuerbaren Energien und Energieeffizienzmaßnahmen möglich ist.
Inzwischen beginnt die langjährige Projektarbeit von EcoAndina auch politisch Früchte zu tragen: Unter tatkräftiger Mitwirkung der Organisation hat die Provinzregierung von Jujuy Anfang 2016 die „Ley Solar“, das „Solargesetz“ verabschiedet. Es sieht unter anderem vor, staatliche Kredite für Solaranlagen zu ermöglichen. Ziel ist es, dass sich möglichst viele Bewohner des Hochlandes die neue Technik zunutze machen können. Und auch auf nationaler Ebene gibt es zahlreiche direkte Kontakte zum Umwelt-, Technologie-, Landwirtschafts- und Sozialministerium. Damit prägt EcoAndina weit über die Region hinaus das Bewusstsein für Erneuerbare Energien und einen ressourcenschonenden Umgang mit der Natur.