Augen auf: Neuer Wohnraum für Mini-Eulen!

Die Umweltstiftung Greenpeace unterstützt zwei neue Projekte zugunsten von Steinkauz, Sperlings- und Raufußkauz. Alle drei heimischen Kleineulen leiden unter „Wohnungsnot“. Denn natürliche Hohlräume an Gebäuden und Bäumen sind rar geworden. Artenschutz in Franken sorgt für passenden Ersatz.

Ein Steinkauz sitzt auf einem Ast und blickt aufmerksam in die Richtung der Kamera.
Foto © Johannes Rother / Artenschutz in Franken

Projekt 1: "Streuobst für kleine Kobolde“

Wenn der Steinkauz aufgeregt ist, reißt er seine ohnehin schon riesigen gelben Augen auf und knickst: Er macht sich ganz lang, duckt sich, streckt sich, immer im Wechsel. Dieses drollig wirkende Verhalten brachte ihm den Spitznamen „Kobold“ ein. Im alten Griechenland galt der etwa taubengroße Eulenvogel als Sinnbild für Weisheit und Lieblingstier der Göttin Athene, daher lautet sein wissenschaftlicher Name Athene noctua. Sein deutscher Name schließlich weist darauf hin, dass er in (steinernen) Bauwerken unterschlüpft und brütet. In Baumhöhlen residiert der Kulturfolger aber ebenso gern.

Steinkäuze lieben Streuobstwiesen

Seine „Traumwohnung“ findet der Steinkauz in einem betagten Obstbaum auf einer Streuobstwiese. Dort ist sein Esstisch reich gedeckt, denn die Früchte locken allerlei Beutetiere an. Neben Feldmäusen, Insekten und Regenwürmern vertilgt er kleine Reptilien und Amphibien. Damit er auch zu Fuß jagen kann, wie es seine Art ist, sollte die Bodenvegetation durch Mahd oder Weidetiere kurz sein. Große Ansprüche für einen kleinen Kauz! Und eben das ist sein Dilemma: „Einst waren Streuobstwiesen bei uns eine sehr verbreitete Form der Kulturlandschaft. Doch etwa seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden viele artenreiche Wiesen in monotone Plantagen umgewandelt oder ganz vernichtet“, bedauert die ehemalige Stiftungschefin Melanie Stöhr. „Alte Obstbäume und Kopfweiden mit natürlichen Höhlen sind rar geworden. Und da zusätzlich immer mehr Gemäuer so gründlich saniert werden, dass sie keine Nischen mehr bieten, leidet der Steinkauz unter ,Wohnungsnot‘ und benötigt unsere Hilfe.“

Mardersichere Wohnröhren

Die Umweltstiftung Greenpeace freut sich deshalb, 2018 ein neues Steinkauzprojekt des Verbands Artenschutz in Franken zu unterstützen. Hierfür wählte das Team um Thomas Köhler die Gemeinde Ittlingen im baden-württembergischen Landkreis Heilbronn aus. An drei kauzfreundlichen Standorten – darunter ein naturnaher Bach mit Kopfweiden und eine Streuobstwiese – bringen die Artenschützer insgesamt 35 spezielle Steinkauzröhren an. „Diese Sekundärhabitate können sowohl zur Brut als auch als Schlafkoje oder Mäusevorratskammer genutzt werden. Und durch ihren doppelwandigen Innenaufbau schützen sie vor Feinden wie dem Marder“, erläutert der Verbandsvorsitzende. Dass Pferde auf der Wiese grasen, nütze dem Kauz gleich doppelt: „Erstens halten sie das Gras kurz, zweitens locken ihre Pferdeäpfel – ebenso wie die vom Baum – Insekten an: Futter für den Steinkauz!“

Der deutschlandweite Bestand liegt bei geschätzt 6.000 Brutpaaren – 2005 waren es noch circa 7.500. Nach der Roten Liste von 2016 gilt der Steinkauz als gefährdet. Noch am stärksten ist er in Nordrhein-Westfalen verbreitet, gefolgt von größeren zusammenhängenden Populationen in Südhessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. In Bayern leben nur etwa 200 Brutpaare.

Der Wendehals wird mitbedacht

Ein zweiter stark gefährdeter Vogel, der dasselbe Biotop nutzt, soll von der Maßnahme in Ittlingen direkt mitprofitieren: der Wendehals. Während Eulen ihren Hals um bis zu 270 Grad drehen können, schafft diese Spechtart immerhin 180 Grad. Anders als die meisten Spechte schlägt der Wendehals seine Baumlöcher nicht selbst, sondern ist auf vorhandene Höhlen oder Nistkästen angewiesen. Für ihn werden 30 spezielle Nisthilfen montiert.

Projekt 2: "Kleine Eulen ganz groß - eine Chance für Sperlings- und Raufußkauz"

Mit einem Projekt im heimischen Steigerwald greifen die Artenschützer zwei weiteren Mini-Eulen unter die Flügel. Kurz vorgestellt: Der Raufußkauz hat nicht etwa Hornhaut an den Füßen, dafür sind sie teppichartig dicht befiedert. Markant ist auch sein heller, herzförmiger Gesichtsschleier. Der Sperlingskauz ist Europas kleinste Eule, überragt mit bis zu 19 Zentimetern Körperlänge aber einen echten Sperling. Mit der flachen Stirn, den gelben Augen und weißen Federbrauen ähnelt er dem Steinkauz. Wer so klein ist, braucht Tricks, um sich gegen Feinde wie Marder, Greifvögel und größere Eulen zu wehren: Die Federzeichnung an seinem Hinterkopf deutet ein zweites Gesicht an – dies irritiert und kann einen gemeinen Angriff von rücklings verhindern. Kommt es zu einer Feindeskonfrontation, ergreift der Winzling entweder die Flucht, oder: Er plustert sich auf, macht sich zusätzlich länger und klappert mit dem Schnabel.

Nachmieter von Spechten

Im Gegensatz zum Steinkauz, der nur offenes Land besiedelt, sind diese beide Arten im Wald zuhause. Sie brauchen reich strukturierte Nadel- und Mischwälder, wo sie tagsüber Deckung finden und in der Dämmerung auf Lichtungen jagen können. Auch alte Bäume sind wichtig für sie. Denn zur Brutzeit im Frühjahr und Sommer ziehen die Kleineulen in verlassene Spechthöhlen ein – und Spechte benötigen für ihren Wohnungsbau eben möglichst morsches Holz.

Mangel an Biotopbäumen ausgleichen

In Wirtschaftswäldern werden Bäume meist im relativ jungen und vitalen Alter gefällt, so genannte Biotopbäume sind folglich Mangelware. Auch deshalb haben es beide Kleineulen schwer. In Bayern stehen sie auf der Vorwarnliste gefährdeter Brutvogelarten. Laut bayerischem Landesamt für Umwelt brüten landesweit schätzungsweise 1.300 bis 2.000 Sperlingskauzpaare, für den Raufußkauz werden 1.100 bis 1.700 Brutpaare angenommen. Da in ganz Deutschland und Mitteleuropa insgesamt ungefähr 5.000 Sperlingskauz- und 7.000 Raufußkauzpärchen brüten, trägt Bayern viel Verantwortung für den Erhalt beider Arten.

Um die Nistchancen für die Käuze zu erhöhen, wählten Thomas Köhler und seine Mitstreiter in Privatwäldern des Steigerwalds 30 Bäume aus und bestückten sie mit eigens für Kleineulen entwickelten, langlebigen Sekundärhabitaten. Geschützt vor der Witterung und vor Räubern können die Elterntiere dort in Ruhe ihre Küken aufziehen. Die Nestlinge sehen in ihrem Babyflaum allzu putzig aus: wie geplatzte Daunenkissen! Nach rund einem Monat ist das flugfähige Federkleid darunter ausgereift, und schon verlässt die neue Generation das behütete Heim. Vater und Mutter Kauz versorgen ihre Jungen draußen aber noch eine Weile mit Futter.

Wie beim Steinkauzprojekt wird auch in dieser Maßnahme ein weiterer Vogel bedacht, aber diesmal im Sinne eines Ablenkungsmanövers: Weil die Eulen-Nistkästen erfahrungsgemäß auch für den Kleiber attraktiv sind – und er die Eingänge mit Lehm zukleibern, also zukleben würde, erhält der Vogel auf ihn zugeschnittene eigene Brutkästen. Ob er sich an die Adressvorgabe hält, bleibt abzuwarten!

Wie immer bei seinen Projekten bindet der Verband Artenschutz in Franken den Nachwuchs aus der Region aktiv mit ein. So werden Kinder einer ausgewählten Patenkita bei „Eulenstunden“ über die Arten und deren Ansprüche an ihre Lebensräume informiert. Danach dürfen die Kinder einen Teil der Nisthilfen für den Raufuß- und Sperlingskauz kreativ bemalen. Zudem wird ein „offizieller Projektnistkasten“ im Beisein aller Projektpartner, der Kinder sowie der Presse im Wald installiert. Da werden die kleinen Eulen große Augen machen.